Das Ratzeburger Zehntregister aus dem Jahre 1230 ist ein nach Kirchspielen geordnetes Verzeichnis der vom Ratzeburger Bischof in den Dörfern des Bistums Ratzeburg verlehnten Zehnten und der Lehnsmänner.
Inhalt
Das in lateinischer Sprache abgefasste Register gewährt einen Einblick in den Aufbau der Pfarrorganisation und den Stand des hochmittelalterlichen Landesausbaus im Gebiet des Bistums Ratzeburg zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Regionale Bekanntheit erlangt das Register durch die Auflistung der Ortsnamen: Annähernd 400 Dörfer der Landkreise Herzogtum Lauenburg sowie Ludwigslust-Parchim und Nordwestmecklenburg sind darin erstmals urkundlich erwähnt.
Überlieferungsgeschichte
Die Handschrift war Teil des Stiftsarchivs. Sie kam nach der Säkularisation des Bistums mit den anderen Ratzeburger Stiftsurkunden und Akten zunächst 1652 nach Schönberg (Mecklenburg) und dann bald nach Schwerin. Im Zuge der Landesteilung durch den Hamburger Vergleich kam das Stiftsarchiv nach Ratzeburg zurück. 1828 wurde es in das Großherzogliche Archiv von Mecklenburg-Strelitz nach Neustrelitz gebracht. Seit der Vereinigung der beiden Mecklenburg und der Auflösung des Archivs in Neustrelitz 1934 befindet sich die Handschrift, die seit dem 17. Jahrhundert an ein Kopial der Ratzeburger Kirche angebunden ist, im Landeshauptarchiv Schwerin. Ihre maßgebliche Publikation erfolgte im Mecklenburgischen Urkundenbuch (MUB I, 375). Der Untersuchung von Jegorow ist ein Faksimile beigefügt.
Seit 2020 ist die Handschrift in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern komplett online verfügbar.
Orte mit heutiger Bezeichnung
Die laufende Nummer in Spalte 1 wurde erstmals von Jegorow vergeben und später auch von anderen Autoren verwendet.
Seinem Zweck als Zehntlehenregister entsprechend sind nur diejenigen Dörfer des Bistums Ratzeburg aufgelistet, in denen dem Bischof der Zehnt zustand und er von diesem etwas verlehnt hatte. Demgemäß fehlen das Kirchspiel Bergedorf und die Dörfer der Vierlande. Dort stand dem Bischof der Zehnt nicht zu. Die im Isfriedschen Teilungsvertrag angeführten Dörfer des Landes Boitin, in dem der Bischof keinen Zehnt verlehnt hatte, sind ebenfalls nicht aufgeführt. Bewusst fortgelassen sind sodann die Dörfer Römnitz, Groß und Klein Ziethen, Farchau, Göttin sowie Niendorf. Diese waren nicht dem Bischof zehntpflichtig. Ob aus diesem Grund weitere, 1230 bereits existierende Dörfer ausgelassen oder bei der Abfassung sogar vergessen worden sind, ist im Einzelnen umstritten.
Quellen
- Landeshauptarchiv Schwerin, 1.5-2/1 Urkunden des Bistums Ratzeburg, Schweriner Bestand, Nr. 0 Digitalisat
- Mecklenburgisches Urkundenbuch, Band 1, Nr. 375, S. 361 ff. Digitalisat des Exemplars der University of Michigan, ex Handexemplar der Urkundenbuch-Commission
Literatur
- Karl Friedrich Ludwig Arndt: Das Zehntregister des Bisthums Ratzeburg aus dem Dreizehnten Jahrhundert, nach der Urschrift abgedruckt. L. Dicker, Schönberg 1833 (Digitalisat).
- Wilhelm Biereye: Über die Personen im Ratzeburger Zehntenlehnregister von 1230. In: Mecklenburg-Strelitzer Geschichtsblätter Bd. 9 (1933) S. 1–160.
- Ludwig Hellwig: Das Zehntenregister des Bistums Ratzeburg. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 69, 1904, ISSN 0259-7772, S. 291–350, Weblink
- Dmitri Nikolajewitsch Jegorow: Die Kolonisation Mecklenburgs im 13. Jahrhundert. 2 Bände, Breslau 1930 und die Kritik dazu von Hans Witte: Jegorovs Kolonisation Mecklenburgs im 13. Jahrhundert. Ein kritisches Nachwort. Breslau 1932.
- Wolfgang Prange: Siedlungsgeschichte des Landes Lauenburg im Mittelalter (= Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins. Bd. 41, ISSN 0173-0940). Wachholtz, Neumünster 1960 (Zugleich: Kiel, Universität, Dissertation, 1958).
- Hans-Georg Kaack, Hans Wurms: Slawen und Deutsche im Lande Lauenburg. Kreis Herzogtum Lauenburg, Ratzeburg 1983.
- Eckardt Opitz (Hrsg.): Herzogtum Lauenburg. Das Land und seine Geschichte. Ein Handbuch. Wachholtz Verlag, Neumünster 2003, ISBN 3-529-02060-5.
Einzelnachweise
Weblinks



